Ansprache am 30.06.2024
MehrWegGottesdienst
Ich weiß nicht, wie es euch geht. Mich hat diese Geschichte von Maria und Martha, die wir vorhin gehört haben, schon immer aufgeregt. Ich fand die schon immer ungerecht. Schließlich ist es doch klar, wenn Besuch da ist, dann soll es dem Besuch auch gut gehen. Dann braucht’s Getränke, was zu Essen und was halt alles so dazugehört. Ich finde, Martha hat das super gemacht. Oder nicht?
Und dann sagt Jesus zu ihr:
Du bist so besorgt
und machst dir Gedanken um so vieles.
Soll sie sich einfach hinsetzen und nichts tun?
Wäre doch irgendwie peinlich, wenn dieser hohe Gast nicht verpflegt wird.
Wäre doch unangenehm, wenn plötzlich sein Magen zu knurren beginnt und nichts auf dem Tisch steht, um den Hunger zu stillen.
Und Maria sitzt einfach da und hört zu.
Du bist so besorgt
und machst dir Gedanken um so vieles.
Sagt Jesus.
Und dann erinnere ich mich plötzlich an so viele Situationen, wo ich der Gast war. Wo es aber eher ums Reden ging. Vor allem bei Beerdigungsgesprächen. Ganz intensive Gespräche, manche Tränen, manches Lachen dabei. Und ganz am Ende sagt meine Gesprächspartnerin entsetzt: „Jetzt hab ich Ihnen nicht mal ein Glas Wasser angeboten!“ Dabei fehlte mir nichts, und ihr auch nicht. Im Gegenteil, manchmal ist der Kuchen auf dem Tisch sogar hinderlich. Denn wie soll ich Kuchen essen, während es gerade darum geht, was der Verstorbene besonders gern tat, oder um die letzten Tage von Oma?
Du bist so besorgt
und machst dir Gedanken um so vieles.
Das heißt ja nicht, dass wir uns um gar nichts kümmern sollen. Wie wäre es gewesen, wenn Martha erst mal zur Ruhe gekommen wäre? Wenn sie sich am Gespräch beteiligt hätte, mit aller Aufmerksamkeit, voll dabei?
Und irgendwann, dann hätten alle gemeinsam anschließend was Kleines, Feines gemacht und entspannt miteinander gegessen und getrunken und gefeiert.
Du bist so besorgt
und machst dir Gedanken um so vieles.
Ich glaube, das ist etwas, was viele von uns sehr belastet. Dieses Gedanken machen um so vieles.
Ja, wir haben viele Probleme in unserer Zeit. Und es ist sehr wichtig, sich darum Gedanken zu machen.
Wir müssen uns Gedanken machen darum, wie wir den Klimawandel aufhalten können, damit auch unsere Kinder, Enkel und nachfolgende Generationen noch ein halbwegs erträgliches Leben auf dieser schönen Erde haben können.
Wir müssen uns Gedanken darum machen, wie wir für die sorgen, denen es nicht so gut geht. Die bei uns, deren Geld nicht fürs Nötigste reicht. Die, die kein Dach über dem Kopf haben. Aber auch die in fremden Ländern, deren Lebensgrundlagen zerstört werden durch unser Tun. Die, die vor Krieg und Gewalt flüchten. Die, die ihre Inseln aufgeben müssen, weil der Meeresspiegel unaufhaltsam steigt.
Wir müssen uns Gedanken darum machen, wie wir eintreten gegen die menschenfeindlichen Parolen von Rechtsextremen, die keine Meinung als die ihre gelten lassen wollen, die Menschen ausgrenzen wollen, unsere Brüder und Schwestern.
Du bist so besorgt
und machst dir Gedanken um so vieles.
Natürlich müssen wir uns Gedanken machen, Jesus!
Um unsere persönliche Zukunft. Darum, was es morgen zu Essen geben soll. Darum, wie und mit wem wir leben wollen.
Aber – vielleicht machen wir uns manchmal einfach zu viel Gedanken.
Wenn der Stress sogar noch im Urlaub weitergeht. Ein bisschen wie in unserem Anspiel, weil wir nichts verpassen wollen, kein entspannedes Angebot. Und deshalb wieder Stress haben. FOMO ist die Abkürzung dafür: „Fear of missing out“, die Angst, irgendwas zu verpassen.
Und so hetzen wir manchmal von einer Sache zur nächsten. Und unser Körper kommt gar nicht mehr mit.
So überhören wir die ersten Warnzeichen unseres Körpers.
Dein Körper ist doch auch nur ein Mensch.
Machst du dir Gedanken um ihn, um deinen Körper?
Was tut deinem Körper gut?
Wo hast du Momente der Ruhe?
Jeden Tag, aber auch im Lauf des Jahres immer wieder mal? Muss ja kein großer Urlaub auf den Philippinen sein. Ein schöner Tag am Baggersee tut’s auch. Und beides kann genauso auch stressig werden, wenn du zu viel rein packst.
Du bist so besorgt
und machst dir Gedanken um so vieles.
Nimm dir Zeit.
Setz dich mal zu deinem Körper – und hör ihm zu.
Was hat er dir wohl zu sagen?
Du bist so besorgt
und machst dir Gedanken um so vieles.
Aber eines ist sicher:
Gott ist dabei.
Welche Wege du auch gehst.
So wie Jesus auch bei Maria UND Martha dabei war.
Kannst du ihn vor lauter Geschäftigkeit noch hören?
Amen.