Ansprache am 19.10.2025
MehrWegGottesdienst
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Ja, mit diesem Satz beende ich oft meine Predigten.
Ehrlich gesagt: Da hab ich nie groß drüber nachgedacht.
Ich hab das schon als Jugendlicher gehört,
von den Pfarrern, die mich geprägt haben.
Und es ist schön.
Da ist Friede drin.
Und Bewahrung in Jesus Christus.
Und heute, bei diesem Thema, da passt dieser Satz aus dem kurzen Philipperbrief ganz wunderbar. Vor allem, wenn wir ein bisschen vorher anfangen zu lesen. Es ist der Abschluss des Buches, ein Segenswunsch. Und er geht so:
4Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! 5Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! 6Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden! 7Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Gott sei Dank, so haben wir den Gottesdienst überschrieben.
Manchmal ist das mit dem Danken aber eher eine Zumutung.
Unsere Nörglerin am Anfang, hatte sie nicht recht?
Es gibt Tage, da geht einfach gar nichts.
Es gibt Tage, da läuft es nicht rund.
Da ist nicht nur der Kaffee kalt und das Wetter schlecht.
Da sieht die ganze Zukunft grau und trostlos aus.
Und manchmal sind ganze Wochen so.
Oder Jahre.
Und dann kommt einer daher und sagt:
„Gott sei Dank!“
Ja danke, echt ey.
Dankbar sein – das kann echt eine Zumutung werden.
Dabei sagen wir „Gott sei Dank!“ manchmal einfach so.
Wenn wir’s grad noch rechtzeitig geschafft haben.
Wenn das Glas nicht zerbricht.
Wenn die Ärztin Entwarnung gibt.
Oder einfach nur, weil der Parkplatz direkt vor der Tür frei war.
Gott sei Dank!
Und oft meinen wir gar nicht wirklich Gott.
Es ist so eine Redewendung geworden
so dahingesagt.
GSD
Gott sei Dank
Aber könnte das nicht auch eine Einladung sein?
Mal wirklich auszuprobieren, wie das geht.
Dankbar sein.
Für so vieles, was uns selbstverständlich scheint.
Dass das Licht angeht, wenn wir auf den Schalter drücken.
Dass der Bus fährt.
Dass wir etwas zu essen haben, ein Dach über dem Kopf.
Und dass jemand da ist, der uns zuhört.
Das alles ist nicht selbstverständlich –
aber man merkt es oft erst, wenn’s fehlt.
Manche führen ein „Dankbarkeits-Tagebuch“.
Am Anfang, sagen sie, ist das gar nicht so leicht.
Aber mit der Zeit verändert sich der Blick:
Plötzlich sieht man das Gute,
wo vorher nur das Alltägliche war.
Dankbarkeit ist keine spontane Laune –
sie ist eine Übung.
Sogar Arbeit.
Aber eine, die sich lohnt.
Und trotzdem – manchmal geht’s einfach nicht.
Da wanderst du im finsteren Tal,
findest keinen Ausweg.
„Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Da hilft kein aufgesetztes Lächeln,
kein „Reiß dich zusammen“.
Und auch kein Dankbarkeits-Tagebuch.
Manchmal braucht man einfach Zeit:
zum Trauern, zum Nachdenken,
zum Warten, bis wieder Licht kommt.
Manche sagen dann später,
im Rückblick über schwere Zeiten:
„Gott sei Dank, dass ich das erlebt habe.
Denn da hab ich gelernt, wer ich bin.
Da bin ich gewachsen.“
Dankbarkeit heißt nicht: Alles ist gut.
Aber sie heißt:
Ich halte mich daran fest,
dass auch im Schweren etwas Gutes verborgen sein kann.
Dass ich getragen bin, selbst wenn ich’s nicht spüre.
Vielleicht ist Dankbarkeit so etwas wie das Gegenstück zur Angst.
Angst zieht sich zusammen.
Dankbarkeit öffnet.
Angst schaut auf das, was fehlt.
Dankbarkeit sieht, was da ist.
In dieser schwierigen angstvollen Zeit
voller Krisen auf allen Ebenen
da brauchen wir genau das:
Dankbarkeit für das, was wir haben.
Dankbarkeit, die uns hilft, das Gute zu sehen.
Dankbarkeit als Entscheidung:
Ich will das Licht nicht übersehen,
auch wenn’s manchmal schwach scheint.
Unser Text beginnt übrigens sogar noch viel stärker:
Freut euch! Und abermals sage ich: Freuet euch!
Bringt alles, was euch bewegt, in Dankbarkeit vor Gott.
Auch die Sorgen.
Die Ängste.
Den Unfrieden.
Die Not.
„Alle Menschen sollen merken, wie gütig ihr seid.“
So heißt es in einer modernen Übersetzung.
Und weiter:
6Macht euch keine Sorgen.
Im Gegenteil: Wendet euch in jeder Lage an Gott.
Tragt ihm eure Anliegen vor
in Gebeten und Fürbitten und voller Dankbarkeit.
Also:
Lasst uns dankbar sein.
Lasst uns an der Dankbarkeit arbeiten.
Lasst uns aber auch all das Dunkle und Schwere vor Gott bringen.
Gott weiß ja schon davon.
Gott ist da.
Gott ist dabei.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.