Ansprache 15.5.2011
MehrWegGottesdienst
Predigt beim MehrWegGottesdienst am 15.5.2011 „Tot ist tot – Fortsetzung folgt?“
Günter Schmitt und Heiko Kuschel
„Kleines Senfkorn Hoffnung, mir umsonst geschenkt“. Ach, ich finde das wirklich ein wunderschönes Lied. Das redet genau davon. Von unserer Hoffnung, dass mit dem Tod eben nicht alles aus ist. Dass Gott uns weiter in seiner Hand hält, auch über den Tod hinaus. Neulich hab ich dazu einen Witz gelesen: Stell dir vor, du bist tot. Du kommst zu Petrus und der sagt zu dir „Mach dir nichts draus, das Leben geht weiter.“
Aber es gibt ziemlich viele, die sagen: Das ist alles nur Einbildung, es gibt gar keinen Gott.
Ja, und die Beweislage ist natürlich auch ganz schön dürftig, ich weiß. Für Menschen, die an die Sache ganz wissenschaftlich und analytisch herangehen, stehen wir als ziemliche Spinner da.
Aber gibt es denn nichts, was wir sozusagen als Nachweis in der Hand hätten?
Ehrlich gesagt: Nein. Nur das, was uns die ersten Christen erzählt und aufgeschrieben haben. Und selbst die haben ja schon gesagt: Das klingt so was von unwahrscheinlich. Aber trotzdem ist es wahr. Ich denke an die Geschichte von Thomas, der gesagt hat: Ich glaube das nur, wenn Jesus wirklich vor mir steht! Tja, damals war das wohl möglich – aber heute sieht das anders aus.
Tja, Glauben heißt eben nicht Wissen. Da können wir wohl nur darauf vertrauen, was die uns damals gesagt haben – oder eben nicht. Was ich erlebe, das ist auch ganz oft diese große Ruhe, die am Ende eintritt. Ich habe lange Angst gehabt vor dem Tod, aber ich habe inzwischen einige Menschen sterben sehen. Und bei allen war es so, dass sie zumindest in den letzten Minuten ruhig geworden sind. Enstpannt.
Ja, das habe ich auch schon erlebt: Diese Ruhe. Auch so etwas wie Zuversicht. Und auch, wenn ich nicht selber dabei war, erzählen mir die Angehörigen ganz oft davon.
Eigentlich bin ich wirklich davon überzeugt, dass da etwas kommt nach dem Tod. Nur wie wird das aussehen? Letzte Woche hat mich jemand gefragt: Werde ich da auch alle die wiedersehen, die ich sowieso gar nicht leiden kann? Dann bin ich lieber ganz tot.
Eine wirklich schwierige Frage. Ich denke, das ist ein bisschen wie mit dem Samen und der Blume: Dieses neue Leben, das wird ganz anders sein. So anders, dass wir uns das gar nicht vorstellen können. Es ist eben kein neues Samenkorn, sondern etwas ganz anderes, was aber trotzdem darauf „aufbaut“.
Für mich ist Sterben auch so etwas wie Heimkommen. Ich weiß schon genau, welches Lied einmal auf meiner Beerdigung gespielt werden soll. Von Mark Knopfler: „Feel like going home“.
Herr, ich möchte nach Hause kommen.
Ich hab's probiert, ich hab versagt, bin müde und am Ende.
Alles, was ich je getan habe, war falsch,
und ich möchte nach Hause kommen.
Herr, ich wollte da irgendwie durchkommen,
aber es war zu viel für mich,
und jetzt komme ich heim zu dir,
und ich möchte nach Hause kommen.
Dunkle Wolken kommen auf
und kein Freund da, der mir helfen könnte,
von all den Plätzen, an denen ich war,
und ich möchte nach Hause kommen.
Herr, ich möchte nach Hause kommen.
Ich hab's probiert, ich hab versagt, bin müde und am Ende.
Alles, was ich je getan habe, war falsch,
und ich möchte nach Hause kommen.
Nach Hause kommen, ja. So sehe ich das auch. Ich glaube, so wird das sein. Ich mache mir ziemlich wenig Gedanken darum, wie das einmal sein wird. Ich bin überzeugt: Es wird schön. Und ich bin überzeugt: Wir können das mit unserem begrenzten Verstand sowieso nicht begreifen. Ehrlich gesagt: Ich bin da ziemlich gespannt darauf.
Es gibt aber auch viele, die haben vor dem Sterben Angst.
Ja, allerdings. Viele sind ja überzeugt davon, dass nach dem Tod erst einmal ziemliche Strafen auf sie warten. Fegefeuer und Hölle und so etwas. Aber ich bin überzeugt, dass Gott ein größeres „Herz“ hat als wir Menschen, und dass all diese kleinlichen menschlichen Kategorien vor ihm nicht mehr gelten werden.
Ich denke: Die „Hölle“, wenn wir sie so nennen wollen, das ist ein Ort der Gottesferne. Und wenn Gott uns wirklich Freiheit lassen will, dann auch die Freiheit dazu, nein zu ihm zu sagen. Aber ich glaube, dass er auch mehr Wege für uns offen hält, als wir uns das vorstellen können. Wir stellen unsere kleinen, menschlichen Regeln auf, wer ins Himmelreich darf und wer nicht – entscheiden tut es letztlich Gott. Und da ist die Entscheidung gut aufgehoben.
Manche sagen ja auch: Dieses ganze Gerede von einem Leben nach dem Tod, das dient ja nur dazu, die Menschen ruhigzustellen, nach dem Motto: Dann, im ewigen Leben, dann wird's dir gut gehen. Auch wenn du jetzt leidest. Opium fürs Volk.
Also, davon halte ich gar nichts. Ich glaube, wir haben den Auftrag, diese Erde, auf der wir leben, zu bebauen und zu bewahren. Und da gehört auch dazu, sich für gute Lebensbedingungen auf dieser Welt einzusetzen.
Bonhoeffer hat dieses Leben hier als das „vorletzte“ bezeichnet. Es ist nicht das letzte, das wir erleben. Aber es ist auch alles andere als unwichtig. Wir sollen und wir dürfen unser Leben leben. Es genießen. Dafür kämpfen, dass es uns und anderen gut geht. Sozusagen ein bisschen Himmel auf Erden schon jetzt gestalten.
Daran lass uns gemeinsam arbeiten.
Amen.