Ansprache vom 15.10.2023
MehrWegGottesdienst
Und nun die Wettervorhersage für morgen, Montag, den 16. Oktober 2023.
In Schweinfurt gibt es morgens keine Wolken, die Sonne scheint und die Temperatur liegt bei 5°C. Im Laufe des Mittags bilden sich leichte Wolken und die Temperaturen erreichen 11°C. Am Abend gibt es in Schweinfurt keine Wolken und die Temperaturen liegen zwischen 6 und 8 Grad. In der Nacht gibt es einen wolkenlosen Himmel und die Temperatur sinkt auf 3°C. Mit Böen zwischen 9 und 47 km/h ist zu rechnen.
Ja, Leute, es wird kalt. Gut, das war vorauszusehen, eigentlich müsste es draußen schon viel kälter sein um diese Jahreszeit.
Wie wäre es nicht mit einer Wettervorhersage, sondern einer Menschlichkeitsvorhersage?
Oh je. Ich fürchte, da wird es auch sehr, sehr kalt.
Mir scheint, dass es oft gar nicht mehr möglich ist, miteinander zu reden, wenn der oder die andere eine andere Meinung hat.
Mir scheint, dass so Themen wie „Rücksicht nehmen aufeinander“ oder „sich gegenseitig helfen“ nicht gerade Hochkonjunktur haben.
Vor einer Woche waren Wahlen, und hier in Schweinfurt haben über 20 Prozent eine Partei gewählt, die in Teilen als gesichert rechtsextrem gilt.
Die Menschlichkeitsvorhersage? In Bayern wird es im Landtag lauter werden. Hier bei uns werden die Menschen noch mehr streiten. Es wird kalt zwischen den Menschen. Eisig.
Und angesichts der vielen, vielen Katastrophen, die gerade in den Nachrichten über uns hereinbrechen, wird es immer mehr Menschen geben, die sich zurückziehen. Denen es einfach zu viel wird, das alles. Menschen, die sich eiskalt vom Schicksal der anderen abwenden. Weil sie’s einfach nicht mehr anders können.
„Das Leben warm färben“ haben wir diesen Gottesdienst genannt.
Vielleicht hilft es uns ja, ganz bewusst darauf zu sehen, was wir tun können. Färben ist ja auch eine aktive Tätigkeit.
Können wir uns dafür entscheiden, die Welt wieder wärmer zu machen? Können wir aktiv dazu beitragen?
Ihr habt dazu Ideen gesammelt und sie an die Pinwand gehängt. Was kann unser Leben warm färben?
(Zettel vorlesen)
Ja, das macht mir wieder ein bisschen Hoffnung. Gemeinsam können wir der Kälte etwas entgegensetzen.
Wie Frederick in der Geschichte können wir Schönes sammeln. Und das Schöne, die Farben, die Worte, dem Kalten entgegensetzen. Das wäre eine Menschlichkeitsvorhersage, die ich gerne vorlesen würde.
In der Vorbereitung dieses Gottesdienstes mussten wir an eine Erzählung aus der Bibel denken, in der es um Wärme, um Feuer geht. Es ist die Geschichte von Mose am Dornbusch. Der junge Mose begegnet in der Wüste einem Dornbusch, der brennt, aber nicht verbrennt. Und er spürt: Hier ist Gott anwesend! Und dieser Gott, er hat einen Auftrag für ihn, für Mose. Er soll sein Volk retten aus der Sklaverei.
Mose hat viele Fragen und viele Zweifel, doch Gott zerstreut die Zweifel, und er gibt ihm sogar eine Antwort darauf, wer Gott ist. Aus Respekt vor unseren in diesen Tagen so schwer bedrängten jüdischen Geschwistern werde ich diesen Namen nach ihrer Tradition hier nicht aussprechen. Es ist ein rätselhafter Name. „Ich bin, der ich bin“. „Ich werde sein, der ich sein werde“. „Ich ereigne mich“. So etwas in der Art. Ein Name, und doch nicht verfügbar für uns Menschen, nicht mal in der ursprünglichen hebräischen Sprache. Ein Hinweis und doch ein Rätsel.
Im Neuen Testament wird es etwas klarer: Gott ist die Liebe, heißt es im 1. Johannesbrief.
Gott ereignet sich in der Liebe.
Wie wäre es mit einer Gottesvorhersage?
Gott ereignet sich da, wo wir die Welt erwärmen mit unserer Herzlichkeit, unserem Lachen, unserer Zuwendung.
Gott ereignet sich da, wo wir die Herzen unserer Mitmenschen erreichen. Da, wo wir nicht auf das Trennende schauen, sondern auf das Verbindende.
Gott ereignet sich da, wo wir es zulassen, dass auch unser Herz berührt wird. Wo wir spüren: Ich bin geliebt.
Gott ereignet sich da, wo wir die Spuren der Liebe erkennen in der Welt.
Und manche dieser Spuren kannst du selbst legen.
Amen.