Dialogpredigt: Und Gott sah, dass der Knall gut war

Thema

Und Gott sah, dass der Knall gut war

Datum

27.02.2011

Baustein

Irgendwie ist das ja doch für ganz viele Menschen ein großes Problem: Dieser offensichtliche Widerspruch zwischen der Schöpfungsgeschichte und den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen. Die einen sagen: Das Universum ist in soundsoviel Milliarden Jahren entstanden und brauchte dafür keine lenkende Kraft, die anderen sagen: Wenn wir unseren Glauben ernst nehmen, dann müssen wir auch an das glauben, was in der Bibel steht. Und da steht: Gott hat die Erde in sieben Tagen erschaffen. 

Sieben Tage. Das ist doch eine sehr relative Zeitangabe – schon in unserem Sonnensystem. Z.B. ist der Tag auf der Venus, unserem Nachbarplaneten, 243 Erdentage lang, d.h. sie braucht 243 Erdentage, um sich um die eigene Achse zu drehen.
Aber etwas theologischer:
Wer könnte glauben, dass sich Gott einfach nur unser menschliches Maßsystem zu eigen macht.
Wie's auch in der Bibel steht, z.B. bei Petrus in seinem 2. Brief:
Eins aber sei euch nicht verborgen, ihr Lieben, daß ein Tag vor dem Herrn wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie ein Tag. 2.Petr 3,8
Und gerade weil ich meinen Glauben ernst nehme, bin ich überzeugt, dass Gott sein Schöpfungswerk nicht vor Urzeiten abgeschlossen hat,  sondern dass er noch mitten dabei ist – die Schöpfung ist noch voll im Gang (creatio continua). (Die Schöpfungstage sind offenbar sehr lang.)

Na ja, ich glaube eigentlich nicht, dass die, die damals die Schöpfungsgeschichte aufgeschrieben haben, sich auf Venustage bezogen haben. Aber was schon stimmt: Wenn es Gott gibt, dann ist auch seine Schöpfung etwas, das über unsere begrenzten Vorstellungen hinausgeht.
Das andere, was du gesagt hast, finde ich noch viel wichtiger: Die Schöpfung ist noch gar nicht abgeschlossen. Gott ist in unserer Welt. Er hat seine Welt nicht verlassen. Sondern der Schöpfer ist mitten dabei.
Das würden die Naturwissenschaftler aber dann komplett anders sehen. Die sagen ja, dass es keine lenkende Kraft braucht. Weder am Anfang der Welt, beim Urknall, noch sonst irgendwo.

O! Ganz offensichtlich GIBT es lenkende Kräfte in der Natur. Und die gehorchen Naturgesetzen.
Dass die Bewegung der Sterne und Planeten, das ganze Universum, so erstaunlich genau durch die Einsteinschen Feldgleichungen beschrieben wird. Oder die Bewegung der Elektronen und Atomkerne durch die Quantenmechanik, oder was auch immer …
Dass es Naturgesetze gibt, dass diese Gesetze auch noch durch uns kleine Menschen erkannt werden können, das ist DAS Wunder –  Ohne dieses (natur-wissenschaftlich unerklärliche) Wunder, könnte es keine Naturwissenschaft geben.

Ich finde das ganz fantastisch, dass wir Menschen diese Grundlegung der Naturwissenschaft überhaupt so erkennen können. Vielleicht war das sogar die Absicht des Schöpfers: Dass wir Menschen in diese Naturgesetze vordringen. Dass wir die Ordnung der Welt erkennen. Dass wir die Natur durchdringen. So, wie er es in der Schöpfungserzählung ja auch gesagt hat: Füllt die Erde und macht sie euch untertan.

Dann ist also eine Aussage der alten biblischen Schöpfungserzählung gerade: Gott fordert uns auf, dass wir die Erde genau anschauen, dass wir versuchen, sie zu verstehen und das auch wieder (Technik) anwenden – dass wir verantwortlich sind für die Welt.

Ja, und das möchte ich ja auch: Verantwortung übernehmen. Das mit dem „untertan machen“ wird ja auch oft falsch verstanden. Da müssen wir schon genau hinsehen, was damit gemeint ist. Das bedeutet ja nicht: Beutet die Welt aus bis zum Letzten. Sondern: Die Welt ist euch gegeben, aber achtet darauf, dass ihr sie erhaltet. Wie eine schlechte Herrschaft aussehen kann und was sie anrichten kann, das sehen wir ja gerade in Libyen. So sollen wir nicht über die Welt herrschen und sie untertan machen. Nicht so, dass sie daran kaputtgeht, sondern dass sie aufblühen kann.
Ich denke: Wir müssen auch an anderen Stellen genauer hinsehen, was diese Schöpfungserzählung damals gemeint hat. Wir können ja nicht einfach so tun, als wären zweieinhalb Jahrtausende alte Texte genau so geschrieben, wie wir sie heute verstehen. Die Bibel ernst zu nehmen, bedeutet auch, danach zu fragen: Was haben die damals damit gemeint? Und da haben ja schon Astrid und Jeanette vorhin festgestellt: Das sollte gar kein 1:1 Bericht sein, sondern sie wollten etwas über Gott aussagen.
Aber mir ist es schon auch wichtig, zu betonen: Alle diese Sichtweisen sind eben nur das: Sichtweisen. Wer weiterhin davon überzeugt ist, dass Gott die Welt so geschaffen hat, wie es in der Bibel steht, der ist deswegen für mich weder ein besserer noch ein schlechterer Christ.

(Eine Unterscheidung, die ich sowieso schwierig finde ...)

Ich denke, in unserem Glauben geht es sowieso um etwas ganz anderes. Es geht doch gar nicht darum, wie die Erde damals entstanden ist und ob Gott in welcher Weise auch immer da mitgemischt hat oder auch nicht. Für mich geht es darum, dass ich weiß: Gott hat mein Leben in der Hand. Und mein Leben ist mit dem Tod nicht zu Ende. Das ist für mich das Entscheidende: Was nach dem Tod passiert. Mein Glauben ist nach vorne gerichtet, nicht rückwärts.

Ja, unser Glauben ist nach vorne gerichtet. – Trotzdem finde ich die Geschichte von der Entstehung der Welt, vom Urknall, und wie das alles abgelaufen ist, nach wie vor total spannend. 
Egal, unser Glauben ist nach vorne gerichett. Aber es geht nicht nur um die letzten Dinge. 
Uns ist die Erde und Teil der Welt anvertraut, dass wir sie bebauen und bewahren, dass wir das Leben auch im HIER und JETZT fördern.
Dazu gehört, dass wir uns auf die Erkenntnisse der Naturwissenschaft – kritisch natürlich – einlassen. Dass wir nicht aus lauter Bequemlichkeit die Warnungen der Klimawissenschaftler in den Wind werfen, dass wir uns auch mit lebensethischen Fragen offen auseinandersetzen.
Gott mutet uns eine Menge zu im HIER und JETZT.

Ich denke, da sind wir uns schon ziemlich einig. Für mich ist es einfach nicht so wichtig, ob nun Gott die Erde in sieben Tagen erschaffen hat oder ob er damit überhaupt nichts zu tun hatte oder ob es irgend eine, sagen wir mal, Mischform aus beidem war. Für mich ist der Auftrag klar: Dass wir die Erde, auf der wir leben, bewahren sollen, mit allen Möglichkeiten, die sich uns bieten. Und dass wir aber auch nicht vor lauter Blick auf das, was nach dem Tod kommt, unser Leben hier vergessen. Ja, Gott mutet uns eine Menge zu im Hier und Jetzt. Da hast du vollkommen Recht. Aber er sagt auch: Ich bin bei euch und halte euch in meiner Hand. Und ich glaube auch, dass wir Spuren seines Handelns in unserem Leben entdecken können. Wenn wir nur hinschauen und uns darauf einlassen.